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DOKUMENTATION 389

minierung gemäss Art. 261 bis StGB auch tatsächlich zur Anwendung gelangt. Nach geltendem Recht ist es Minder­ heitenschutzorganisationen lediglich möglich, die Einlei­ tung einer Untersuchung zu fordern, allerdings können sie nicht als Partei im Verfahren auftreten. Aus der Sicht der Initianten ist eine solche Parteistellung gerade bei nicht in­ dividualisierten rassistischen Äusserungen von Bedeutung. Die parlamentarische Initiative «Mindeststrafen bei sexu­ ellen Handlungen gegenüber Kindern unter 16 Jahren» 13 sieht zwei Änderungen im Strafgesetzbuch vor. Erstens soll zwischen Taten gegenüber Jugendlichen unter 16 und ge­ genüber Kindern unter 12 Jahren unterschieden werden. Zweitens sollen im Gesetz für sexuelle Handlungen mit Op­ fern dieser Altersgruppen Mindeststrafen vorgesehen wer­ den. Betroffen sind die Tatbestände der Art. 187 StGB (Se­ xuelle Handlungen mit Kindern), Art. 189 StGB (Sexuelle Nötigung), Art. 190 StGB (Vergewaltigung) und Art. 191 StGB (Schändung). Für sexuelle Handlungen mit Kindern beträgt die Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr, wenn das Opfer das 12. Altersjahr noch nicht vollendet hat. Für se­ xuelle Nötigung und Schändung soll das Gesetz mindestens zwei Jahre, für Opfer unter 16 Jahren ein Jahr als Freiheits­ strafe vorsehen. Für Vergewaltigung ist die Strafe eine Frei­ heitsstrafe nicht unter zwei Jahren, wenn das Opfer das 16. Altersjahr noch nicht vollendet hat, und nicht unter drei Jahren, sofern das Opfer das 12. Altersjahr noch nicht voll­ endet hat. Die Kommission für Rechtsfragen des Ständera­ tes (RKS) hat beschlossen, der Initiative Folge zu geben. 14 Vollzug der Strafen von gefährlichen Tätern – Strafvollzugskonkordate sollen zuständig bleiben Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (RKS) lehnt die Motion des Nationalrates «Einheitliche Bestim­ mungen zum Strafvollzug bei gefährlichen Tätern» 15 ab, welche den Bundesrat auffordert, in Zusammenarbeit mit den Kantonen und unter Berücksichtigung der Konkordate Kriterien und Mindeststandards für einen einheitlichen Vollzug der Strafen von gefährlichen Tätern festzulegen. Die Mehrheit der RKS begrüsst, dass die drei Strafvoll­ Mindeststrafen bei sexuellen Handlungen mit Kindern 13 Curia Vista, 16.408 – Parlamentarische Initiative. Mindeststrafen bei sexuellen Handlungen gegenüber Kindern unter 16 Jahren, https:// www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suchecuriavista/geschaeft?AffairId =20160408 (5.9.2016). 14 Vgl. Medienmitteilung der RKS vom 31.8.2016, Sexuelle Handlun­ gen mit Kindern sollen härter bestraft werden, https://www.parla­ ment.ch/pressreleases/Pages/mmrks20160831.aspx (5.9.2016). 15 Curia Vista, 16.3002 – Motion. Einheitliche Bestimmungen zum Strafvollzug bei gefährlichen Tätern, https://www.parlament.ch/de/ ratsbetrieb/suchecuriavista/geschaeft?AffairId=20163002 (5.9.2016).

zugskonkordate bereits Schritte zur Harmonisierung im Strafund Massnahmenvollzug eingeleitet haben und somit den Schutz der Öffentlichkeit gewährleisten können. 16 Damit folgt die RKS dem Bundesrat, welcher in seiner Stellungnahme vom 24. 2. 2016 ausführt, dass die Konfe­ renz der kantonalen Justizund Polizeidirektorinnen und direktoren (KKJPD) bereits gemeinsame Grundlagen für den schweizerischen Sanktionenvollzug verabschiedet hat. Die KKJPD verlangt in ihrem Grundlagenpapier von den Konkordaten, dass die Vollzugsarbeit systematisch auf das Rückfallrisiko und den Interventionsbedarf der verurteilten Personen ausgerichtet wird. Durch ein adäquates Informa­ tionsmanagement soll zudem sichergestellt werden, dass alle an einem Vollzug beteiligten Stellen über die erforderlichen Unterlagen verfügen. Die KKJPD hat bereits im November 2013 die Realisierung eines schweizerischen Kompetenz­ zentrums für den Justizvollzug (SKJV) beschlossen, welches sich um die Koordination und Harmonisierung im Straf­ und Massnahmenvollzug kümmern und entsprechende Empfehlungen, Standards und Richtlinien entwickeln und erlassen wird. Mitte 2018 soll das Kompetenzzentrum sei­ nen Betrieb aufnehmen. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Kantone und die Strafvollzugskonkordate den Hand­ lungsbedarf erkannt haben und die Verantwortung wahr­ nehmen und deshalb kein Bedarf für eine Regulierung auf Bundesebene besteht. 17 Der Ständerat hat am 29. 9. 2016 der Motion entgegen der Empfehlung seiner Kommission mit 28 zu 14 Stimmen zugestimmt. 18 Mehr Spielraum bei der Bestrafung von Rasern Der Nationalrat befürwortet eine Anpassung des SVG, die es den Richterinnen und Richtern ermöglichen soll, das Ver­ schulden und die Verhältnismässigkeit der Strafe bei Raser­ delikten nach ihrem Ermessen zu beurteilen. 19 Die Motion 20 verlangt vom Bundesrat einen Gesetzesentwurf zur Aufhe­ 16 Vgl. Medienmitteilung der RKS vom 31.8.2016, Vertrauen in die Arbeit der Strafvollzugskonkordate, https://www.parlament.ch/press­ releases/Pages/mmrks20160831.aspx (5.9.2016). 17 Vgl. Curia Vista, 16.3002 – Motion. Einheitliche Bestimmungen zum Strafvollzug bei gefährlichen Tätern, Stellungnahme des Bundesrates vom 24.2.2016, https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche­ curiavista/geschaeft?AffairId=20163002 (5.9.2016). 18 Vgl. Medienmitteilung des Parlamentes vom 29.9.2016, Parlament will einheitlichen Strafvollzug bei gefährlichen Tätern, https://www. parlament.ch/de/services/news/Sei­ ten/20160929113641538194158159041_bsd090.aspx (30.9.2016). 19 Vgl. Medienmitteilung des Nationalrates vom 21.9.2016, Der Na­ tionalrat will nicht alle Raser drakonisch bestrafen, https://www.par­ lament.ch/de/services/news/Sei­ ten/20160921131328684194158159041_bsd115.aspx (27.9.2016). 20 Curia vista, 15.3125 – Motion. Via sicura. Verhältnismässigkeit der strafrechtlichen und administrativen Sanktionen wiederherstellen, https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suchecuriavista/geschaeft? AffairId=20153125 (27.9.2016).

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