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nicht erwiesen, dass härtere Strafen zu einer Abnahme der Zahl der Straftaten führen, und der Strafrahmen von drei Jahren werde zudem von den Gerichten bereits ausge­ schöpft. 26 Kostenteilung im Strafvollzug bleibt Sache der Kantone Die Motion «Wohnsitzprinzip bei den Kosten des Strafund Massnahmenvollzugs» verlangt, dass bei Straftäterinnen und Straftäter mit Schweizer Wohnsitz die Kosten des Straf­ und Massnahmenvollzuges vom Wohnsitzkanton getragen werden sollen. Hierdurch würde die heute geltende Rege­ lung abgelöst, wonach der Kanton die Kosten zu tragen hat, in dem die Straftat begangen wurde. In einem zweiten Punkt fordert die Motion, dass bei Straftäterinnen und Straftätern ohne Wohnsitz in der Schweiz der Bund die Kosten des Strafund Massnahmenvollzugs übernehmen soll. 27 Der Ständerat hat am 24. 9. 2015 die Motion zur Prüfung an seine Kommission zurückgewiesen, welche die Konfe­ renz der kantonalen Justizund Polizeidirektoren (KKJPD) zu diesem Thema angehört hat. Die KKJPD betont, dass die Kantone bereits heute frei seien, auf dem Konkordats­ weg die nötigen Änderungen der heute geltenden Kosten­ verteilung vorzunehmen. Die Regelung, wonach der Bund bei Straftätern ohne Schweizer Wohnsitz die Kosten tragen soll, widerspricht dem aktuellen Prinzip der Kostenregelung zwischen Bund und Kantonen, wonach die Kantone die Kosten für diejenigen Sachbereiche übernehmen, für die sie verantwortlich sind. Der Bundesrat hatte die Ablehnung der Motion beantragt. Der Ständerat sieht ebenfalls keinen Handlungsbedarf auf Bundesebene und lehnt die Motion am 29. 9. 2016 ein­ stimmig ab. 28

bung von Art. 90 Abs. 4 SVG 21 in der Fassung Via sicura 22 vorzulegen, damit die Verhältnismässigkeit der strafrecht­ lichen und administrativen Sanktionen wiederhergestellt wird. Im Vergleich zu den Geldstrafen für andere ähnliche schwere Delikte seien die Strafen für Raser besonders streng und ungeachtet der Umstände des Einzelfalls erfolgt die Be­ strafung beim Tatbestand des Rasens nach einem starren Tarif. Die Anwendung dieses Tarifs kann für fehlbare Len­ kerinnen und Lenker dramatische Folgen haben, da Sank­ tionen wie Entzug des Fahrerausweises von mindestens zwei Jahren, Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und hohe Geldstrafen drohen. Der Ständerat, der nun über die Mo­ tion zu befinden hat, lehnte eine ähnliche Initiative im Juni 2016 ab, 23 forderte aber vom Bundesrat einen Bericht zur Wirksamkeit des Massnahmepaketes Via sicura, der im Frühling 2017 vorliegen soll. Wer eine Behörde, ein Mitglied einer Behörde oder einen Beamten bedroht oder tätlich angreift, soll mit einer Frei­ heitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft wer­ den. Wird die Tat von einem zusammengerotteten Haufen begangen, so wird jeder, der an der Zusammenrottung teil­ nimmt, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren be­ straft. Die Motion «Strengere Bestrafung bei Aggressionen gegen Beamte und Behörden» fordert die Anpassung von Art. 285 StGB, der im geltenden Recht eine Freiheitsstrafe bis drei Jahre oder eine Geldstrafe vorsieht. 24 Der National­ rat hat den Vorstoss angenommen. 25 Der Bundesrat hingegen erachtet die geforderte Erhöhung aus zahlreichen Gründen als nicht angezeigt und lehnt die Motion in seiner Stellungnahme vom 12. 11. 2014 ab. Es sei Aggressionen gegen Beamte sollen härter bestraft werden

21 SR 741.01. 22 Curia Vista, 10.092 – Geschäft des Bundesrates, Via sicura. Mehr Si­ cherheit im Strassenverkehr, https://www.parlament.ch/de/ratsbe­ trieb/suchecuriavista/geschaeft?AffairId=20100092 (27.9.2016); BBl 2010 8447. 23 Curia Vista, 15.413 – Parlamentarische Initiative. Via Sicura. Rasche Beseitigung der Exzesse und unerwünschten Nebeneffekte des Raser­ delikts, https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suchecuriavista/ geschaeft?AffairId=20150413 (27.9.2016). 24 Curia Vista, 14.3995 – Motion. Strengere Bestrafung bei Aggressio­ nen gegen Beamte und Behörden, https://www.parlament.ch/de/rats­ betrieb/suchecuriavista/geschaeft?AffairId=20143995 (27.9.2016). 25 Vgl. Medienmitteilung des Nationalrates vom 27.9.2016, Nationalrat will härtere Strafen bei Aggressionen gegen Beamte, https://www.par­ lament.ch/de/services/news/Seiten/201609271229362091941581590 41_bsd110.aspx (27.9.2016).

26 Curia Vista, 14.3995 – Motion. Strengere Bestrafung bei Aggressio­ nen gegen Beamte und Behörden, https://www.parlament.ch/de/rats­ betrieb/suchecuriavista/geschaeft?AffairId=20143995 (27.9.2016). 27 Curia Vista, 15.3629 – Motion. Wohnsitzprinzip bei den Kosten des Strafund Massnahmenvollzugs, https://www.parlament.ch/de/rats­ betrieb/suchecuriavista/geschaeft?AffairId=20153629 (3.10.2016). 28 Vgl. Medienmitteilung des Ständerates vom 29.9.2016, Kostenteilung im Strafvollzug soll Sache der Kantone bleiben, https://www.parla­ ment.ch/de/services/news/Seiten/20160929110402362194158159041_ bsd077.aspx (3.10.2016).

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