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DOKUMENTATION 397

Steuerschuldners eingefroren und immobilisiert wird oder nicht. Dass diese Frage in ihrer gesamten Brisanz im Ge­ setzgebungsverfahren offenbar gar nicht gesehen worden ist, ändert nichts daran, dass wir es hier mit einem Paradig­ menwechsel im System der Geldwäschereibekämpfung zu tun haben. Dass die Problematik des Herrührens zwar ge­ sehen, dann aber quasi nur als eine «vortatspezifische Frage» im Zusammenhang mit der Geldwäschereitathand­ lung thematisiert wird (vgl. N 116 f.), dürfte der Bedeutung, die dieser Frage zukommt, nicht ganz gerecht werden. Ein weiteres bedeutsames Problemfeld bildet die Rechts­ hilfe in Strafsachen, die für die Geldwäschereibekämpfung in der Schweiz schon immer von grosser Bedeutung war. Die, wie die Autoren nicht müde werden zu betonen, äus­ serst rechtshilfefreundliche Haltung der Schweiz hat dazu geführt, dass selbst das der Gewährung von Rechtshilfe theoretisch entgegenstehende Erfordernis der doppelten Strafbarkeit dadurch an praktischer Bedeutung verloren hat, dass die doppelte Strafbarkeit nicht an einem konkre­ ten Massstab gemessen wird, sondern an einem eher ab­ strakten (vgl. im Zusammenhang mit der Praxis bei Steu­ erdelikten: N 158, 195, 200 ff.). Ferrara und Salmina zeigen auf, dass die auf den 1. 1. 2016 in Kraft getretenen Änderungen eine Ausweitung der Rechtshilfe zur Folge ha­ ben werden (vgl. N 170, 193 ff.). Ob die Praxis sich der For­ derung anschliesst, dem vom Gesetzgeber gewollten rest­ riktiven Anwendungsbereich der Strafnorm im Bereich der Rechtshilfe dadurch Rechnung zu tragen, dass die doppelte Strafbarkeit nicht abstrakt, sondern konkret(er) geprüft wird (vgl. z. B. N 56, 198), bleibt abzuwarten. Besonders wichtig ist die Antwort auf diese Frage auch deshalb, weil die vom Gesetzgeber getroffene Regelung für Altfälle für die Rechtshilfe keine Geltung hat (vgl. N 172). Man muss kein Prophet sein um vorherzusehen, dass die Reform der Geldwäschereistrafnorm die Praxis in den nächsten Jahren umtreiben wird. Mit dem vorliegenden Werk zeigen Ferrara und Salmina die Problembereiche auf und bieten erste bedenkenswerte Lösungsansätze an. Die Praxis wird sich den anstehenden Problemen stellen müssen. Wer meint, darauf vertrauen zu können, dass der automatische Informationsaustausch die Probleme irgend­ wann und irgendwie obsolet machen wird, könnte genauso eine Überraschung erleben wie diejenigen Finanzinterme­ diäre und/oder Steuerpflichtigen, die auf die Unverhandel­ barkeit des Bankgeheimnisses vertraut haben.

Kreis der relevanten Vortaten erweitert (vgl. N 42), die Aus­ wirkungen nicht zu sehr bagatellisiert. Während taugliche Tatobjekte für eine Geldwäscherei bisher – jedenfalls dann, wenn man von der Problematik der Surrogate und von der Möglichkeit der Kontaminierung legaler Vermögenswerte absieht – «dreckige» Vermögenswerte darstellen mussten, sind neuerdings nun auch vollkommen legal erwirtschaftete Vermögenswerte taugliche Tatobjekte – wenn und soweit der Vermögensinhaber eine schwere Steuerstraftat began­ gen hat. Während es bei Drogenund auch bei Vermögens­ delikten relativ problemlos möglich ist zu bestimmen, wel­ che Vermögenswerte aus der Vortat herrühren, und dies auch bei einem durch Korruption zustande gekommenen Vertragsverhältnis durchaus noch möglich erscheint, muss man sich bei Steuerdelikten schon in grundsätzlicher Hin­ sicht fragen, was eigentlich der aus dem Steuerdelikt «her­ rührende» Vermögenswert sein soll. Wenn man – was wohl als Konsequenz der Anerkennung von Steuerdelikten als Vortaten für Geldwäscherei unvermeidbar ist – die Steuer­ ersparnis als solche als aus dem Steuerdelikt herrührend anerkennt, hat dies zur Folge, dass wir es mit einem grund­ legend neuen Begriff des «Herrührens» zu tun haben. Abgesehen davon, dass sich die Frage stellt, ob die so­ eben skizzierte Neuausrichtung auf die Steuerdeliktsgeld­ wäscherei beschränkt bleiben soll oder beschränkt bleiben kann, stellt sich dann noch die weitere – und für die Praxis wohl zentrale – Frage, welche Vermögenswerte eigentlich als kontaminiert anzusehen sind: die Vermögenswerte, die auf dem Konto liegen, das nicht deklariert worden ist, oder das gesamte Vermögen des Steuerhinterziehers. Während für die erstgenannte Lösung der Umstand zu sprechen scheint, dass die anderen (deklarierten) Vermögenswerte allenfalls mittelbar von der Steuerdeliktsvortat betroffen sind, liegt es andererseits doch so, dass der Steueranspruch des Staates nicht konkrete Vermögenswerte trifft, sondern einen Anspruch gegen den Steuerschuldner begründet, für den dessen gesamtes Vermögen haftet. Dass es sich bei den sonstigen Bestandeilen des Vermögens des Steuerhinterzie­ hers um legale Vermögenswerte handelt, ist in diesem Zu­ sammenhang irrelevant, weil es sich auch bei den nicht deklarierten Vermögenswerten um vollkommen legal er­ worbene Vermögenswerte handeln kann. Die Antwort auf die Frage, an welche Vermögenswerte man die aus dem Steuerdelikt herrührende Steuerersparnis als geldwäsche­ reirechtlich relevanten Vermögensvorteil anheften kann, wird darüber entscheiden, ob die Begehung einer Steuer­ straftat de facto dazu führt, dass das Gesamtvermögen des

Prof. Dr. Wolfgang Wohlers, Basel

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